die letzte grüne Wiese zur Erweiterung am Schul- und Sporthallengelände Manzenberg wird bebaut – trotz guter Alternativen.

Standortentscheidung für Loreto (zwischen Parkplatz und Sportgelände)
(Gemeinderatsitzung vom 9. März 2022)
Die Diskussion um den nächsten Standort einer Anschluss- und Obdachlosenunterbringung verlief hitzig bzw. meist emotional. Eine jahrelange kontroverse Debatte, machte es wohl zunehmend schwierig, sich auf die sachlichen Kriterien bei der Abwägung der (z. Teil neuen Standort) zu konzentrieren.

Es standen das Loretoquartier (grüne Wiese neben dem Sportplatz), Fünfehrlen (eine Hofstelle, angrenzend zur Wohnbebauung beim Bechlinger Gewerbegebiet) und die Domänenstraße (grüne Wiese, Eckgrundstück) zur Auswahl an.
Lt. Bürgermeister Walter wurden die Kosten für die Erschließung/Fertigstellung bei Loreto mit rd. 50.000 EUR geschätzt und bei Fünfehrlen (Abbruch Teil der Hofstelle) mit rd. 40.000 EUR.
Trotz mehrfacher Zusagen des Bürgermeisters wurden erst 2 Tage vor der Sitzung die artenschutzrechtlichen Gutachten aus dem Jahr 2020 und 2022 an die Gemeinderäte übermittelt. Diese beschreiben den Standort Loreto-Wiese mit „vertretbar“, weisen jedoch auf den Flugkorridor von Fledermäusen hin, Schutz der dort vorhandenen Bäume und entsprechende Beleuchtungskonzepte. Der Untergrund ist lt. Fachgutachter mit Brand- und Bauschutt belastet und für eine 3-stöckige Bebauung müsste eine – noch nicht ermittelte – Tiefergründungsmaßnahme erfolgen. All diese Faktoren sind mit einem zusätzlichen Kostenrisiko bei der Beschlussfassung behaftet. Im Vergleich zu Fünfehrlen könnten die Abbruchkosten höher ausfallen. Diese sind jedoch immer fällig, wenn das Wirtschaftsgebäude beim Wohnhaus einer neuen Nutzung zugeführt würde. Der Bau einer 3-stöckige AU/OU ist im Unterschied zu Loreto jedoch gewährleistet.
SRätin Sylvia Zwisler (CDU) erklärte: „Bei der Kostenermittlung fehlen in der Sitzungsunterlagen wesentliche Kosten, die meiner Einschätzung sich für die Stadt verdoppeln oder verdreifachen könnten. Das trägt der Generalunternehmer Purelivin lt. Rahmenvertrag nicht. Als Aussage nehmen Sie dies bitte ins Protokoll auf.

Dass wir wieder unter Zeitdruck entscheiden müssen – der Rahmenvertrag mit „Purelivin“ läuft am 31.03.2022 aus – ohne wichtige, belastbare Informationen und einem bereits im TA vor 3 Wochen angeforderten maßstabsgerechten Plan, wie sich das Gebäude auf dem Grundstück einpassen würde, halte ich diese Entscheidung in Höhe von rd. 1,7 - 2 Millionen Euro für nicht verantwortbar.“
(Es gab Applaus der Zuhörer in der Aula auf diese Wortmeldung).
StRat Daniel Funke (CDU) führte Kosteneffizienz, Schnelligkeit im Bauen, Wohnraum für eine große Personenkapazität sowie integrationsförderliche Strukturen als zentrale Faktoren der Entscheidung an. „Diese vier Faktoren sind alle beim Standort Fünfehrlen gegeben, wohingegen der Standort Loreto diese Punkte weniger gut erfüllt und der Logik entbehrt.“ Dies begründete Funke beim Standort Loreto neben dem dortigen vielseitigen wie zeitlichen Mehraufwand aufgrund der Gründungsumstände, unnötig höheren Kosten inklusive ungewisser wie risikoreicherer Faktoren mit Potential zur Kostensteigerung auf Steuergelder, einer 2- statt 3-Geschossigkeit zudem mit der geografischen und personenmäßigen Ballung von Flüchtlingsunterkünften im Süden der Stadt, womit eine gelingende Integration und der soziale Frieden auf dem Spiel stehen. Es gilt auf eine gleichmäßige Verteilung zu achten. Siehe Erklärung am Ende des Artikels und eine Faktengrundlage zu den Standorten.

Zudem blieb BM Walter eine elementare Antwort auf die Frage von StRat Daniel Funke, wo die schriftlichen Unterlagen mit der Bestätigung der lose im Raum stehenden Lastannahmen der gemutmaßten 3-Geschossigkeit beim Loretostandort sind, schuldig. (Funke: „Sie haben mehrmals zugesagt, diese Unterlagen schriftlich nachzureichen – sie waren im Planungsausschuss am 01.02.2022 nicht da, wurden für den TA versprochen; sie waren im TA am 16.02. nicht da, wurden für den GR am 09.03. versprochen und sind wieder nicht da!“ „Ich stelle fest, dass zentrale Unterlagen für das Bauvorhaben fehlen, um entscheiden zu können.“

SRat Hansjörg Bär (FW) verwendete dann etwas überraschend und vom Herrn BM Walter unbeanstandet, Informationen aus vorausgegangenen nichtöffentlichen Sitzungen, um seine Meinung „pro Loreto“ in einem verständlicheren Licht erscheinen zu lassen. Er stellte eine andere Verteilung der Flüchtlinge in privaten Wohnungen in den Raum. Dabei handelt es sich jedoch um einzelne Wohnungen und nicht um die großen Unterkünfte wie beispielsweise in der Narzissenstraße (120 Personen). Die Stadt hat keinen Einfluss auf den Standort von Privatwohnungen, die für eine gewisse Zeit angemietet werden, jedoch auf die Unterkünfte, die sie selbst baut und dauerhaft belegt.
Erstaunlich war, dass Herr BM Walter als Sitzungsleiter nicht einschritt, als SRat Bär hier auf einmal aus nichtöffentlicher Sitzung „plauderte“. In den vorausgegangenen Sitzungen hatte Herr BM Walter auf Schutzgründe für die Bewohner verwiesen (auch in der Bürgerveranstaltung im Schloss) und die Gemeinderäte stets dazu angehalten, private Unterbringungen keinesfalls öffentlich zu machen.
Was gilt nun? Ein Gemeinderat hat Infos aus nichtöffentlicher Sitzung angeführt (die Zeitung berichtete) und andere Gemeinderäte halten sich an die Vorgaben, dürfen darüber nicht reden und können diese Aussagen dann leider nicht erwidern und widerlegen!

Und die Öffentlichkeit wird leider in ihrem Eindruck verstärkt, dass hinter den Kulissen gemunkelt wird und dort Informationen kursieren, die ihr vorenthalten werden.
StRat Konrad Renz (FW) beanstandete, dass dieses wichtige Thema auch in den Ortschaften hätte diskutiert werden müssen, wenn man das demokratische Mitwirkungsrecht dieser demokratischen Gremien ernst nehmen wollte. Ebenso beanstandete er, dass die vorgelegte Bedarfsanalyse für den Bau weiterer Unterkünfte auf keinen prüfbaren Analysen beruhe. Es sei ein Feigenblatt, um den Bau weiterer Unterkünfte durchzusetzen. Er verwies auf einen gerade erschienenen Artikel in der Neuen Züricher Zeitung (NZZ), die mit ihrem besseren Blick von Außen auf Deutschland " unverdächtig“ sei und zwischen „echten“ Flüchtlingen (aus der Ukraine, vor allem Frauen und Kinder) und „unechten“ Flüchtlingen (Wirtschaftsflüchtlinge, hauptsächlich junge Männer) unterscheide.
Dies sehe seiner Meinung nach auch die Bevölkerung wohl mehrheitlich so, da es für die „echten“ Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine auf einmal sehr viele Hilfsangebote, von Wohnraum bis Geld- und Lebensmittelspenden gäbe. Herr BM Walter wäre für die Stadt und seine Bürger verantwortlich: „Sie sind Bürgermeister und nicht Flüchtlingsmeister.“

StRat Hermann König (SPD): „Ich verwahre mich gegen die Behauptung, dass wir echte und unechte Flüchtlinge haben.“ (Applaus verschiedener Gemeinderäte).
StRat Hubertus von Dewitz (CDU) stellte im Laufe der längeren Diskussion die Frage, ob man nicht gleich beide Standorte in Auftrag geben könnte?
BM Walter erwiderte, dass er dies machen könnte, wenn dies im Rat so beschlossen würde. „Sie als Gemeinderäte können das beschließen.“
StRätn Sylvia Zwisler verwies auf die derzeitige Haushaltssituation und meinte, dass die zusätzlichen 2 Millionen nicht genehmigt würden. „Fragen Sie doch bitte zuerst unsere Kämmerin Frau Schubert, die mit am Tisch sitzt.“
StRat Peter Gaissmaier (FW) äußerte ebenfalls Bedenken, für diesen Ad-hoc-Vorschlag.
Kämmererin Frau Schubert erläuterte, das gehe so nicht, denn dann müsste der Rat den heute gerade bei Punkt 3 beschlossenen Wirtschaftsplan Eigenbetrieb Wohnungsbau für 2022 nochmals beraten und neu beschließen.

Die Bürgerinitiative verfolgte mit großem Interesse die ausführlichen Diskussionen und Standpunkte, die weder in der Zeitung noch in diesem Bericht ausführlich wiedergegeben werden können und deshalb keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben.
Abstimmungsergebnis:
Entschuldigt bei der Gemeinderatsitzung:
G. Brugger, Y. Brugger, K. Welte, Ch. Grasselli, B. Bentele, T. Appenmaier
Sylvia Zwisler stellte folgenden Antrag:
Bei der Reihenfolge der Standorte erhält der Standort Fünfehrlen die Priorität 1.
In der Zwischenzeit sind die fehlenden Informationen in der Sitzungsvorlage als fundiertere Entscheidungsgrundlage zu ermitteln.
Ja-Stimmen:
D. Funke; M. Ehrle; S. Zwisler; J. Wohnhas; K. Renz
Nein-Stimmen:
13 Gemeinderäte
Enthaltung:
1 Gemeinderat

Antrag von BM Walter
Folgende Grundstücke werden als zukünftige Standorte für eine Ob-
dachlosen- und Anschlussunterbringung festgelegt und in nachste-
hender Reihenfolge priorisiert:
1. Loretoquartier im Bereich zwischen Parkplatz und Sportgelände
(Antrag FWV/FDP/GRÜNE) – mehrheitlich beschlossen bei 15 Ja-
Stimmen und 4 Nein-Stimmen
2. Fünfehrlen, ehemalige Hofstelle – mehrheitlich beschlossen bei 15
Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme und 3 Enthaltungen
3. Domänenstraße – mehrheitlich beschlossen bei 16 Ja-Stimmen,
1 Nein-Stimme und 2 Enthaltungen.


AU-Praesentation_GR09.03.2022
Persönliche Erklärung StRat Daniel Funke

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