Bernhard Bentele vom 01.02.2023

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Schwarz, sehr geehrte Frau Zwisler, werte Kollegen im Gemeinderat, sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,
in der Vorbereitung auf diese Haushaltsrede habe ich die Reden der vergangenen Jahre durchgeschaut. Es ist auffallend, dass ich auch in diesem Jahr zurückschauend sagen muss, dass unser vergangener Haushalt 2022 deutlich besser ausgefallen ist, als viele herbeireden wollten oder befürchtet wurde. Einmal mehr haben wir mit über 20 Millionen Gewerbesteuereinnahmen ein weiteres Allzeithoch in diesem Bereich.
Wieder einmal haben wir bewusst vorsichtig unseren Haushalt aufgestellt und wieder einmal sind wir sehr positiv übertroffen worden.
Diese jährlich auftretenden Überraschungen scheinen auf den ersten Blick angenehm. Allerdings bedeuten sie aber eben auch, dass wir aufgrund dieser Vorsicht das ein oder andere Projekt eben auch nicht gemacht haben, was wir uns vielleicht hätten leisten können. Es ist eben nicht so wie im privaten Geldbeutel, dass das nicht ausgegebene Geld im nächsten Jahr noch so ohne weiteres zur Verfügung steht. Ein Haushalt muss Jahr für Jahr neu aufgestellt werden und die Rücklagen sind zwar da, aber eben nicht als einfach abzurufendes finanzielles Polster.
Dass wir aber in dieser Lage sind, dass wir uns über steigende Gewerbesteuereinnahmen freuen dürfen, dafür gilt unsere Hochachtung und vor allem auch unser Dank an dieser Stelle dem Tettnanger Gewerbe in seiner beeindruckenden Breite. Von Handwerksbetrieb über Einzel- und Großhändler bis hin zur Industrie. Dies ist auch weiterhin, unserer Überzeugung nach, der Grund, warum wir uns nicht über eine Erhöhung der Gewerbesteuersätze unterhalten müssen. Das Tettnanger Gewerbe leistet seinen Beitrag. Das ist einerseits ihre Pflicht, dafür darf man aber auch mal Danke sagen.

Versuchen wir also einmal mehr, die Planung mit etwas mehr Optimismus in diesem Jahr besser hinzubekommen.

Dabei muss es uns klar sein, dass die Aussichten bei den anstehenden Pflichtaufgaben wie Ganztagesanspruch im Schulbereich oder der weiter notwendige Ausbau bei den Kindertagesstätten unseren Haushalt in den Jahren nach 2023 stark belasten werden.
Wir haben zudem noch keinen Ersatz für die Stadthalle in der mittelfristigen Finanzplanung. Diese und weitere Projekte werden unseren städtischen Haushalt über die Maßen beanspruchen und werden in der so veranschlagten Planung auch nicht umsetzbar sein, weil sie schlichtweg nicht finanzierbar sein werden.
Diese Feststellung ist verbunden mit dem dringenden politischen Appell über alle Fraktionen hinweg diese anstehende Situation zu kommunizieren und in Land und Bund zu platzieren. Wenn man die Presse verfolgt, sind wir bei weitem nicht die einzige Kommune, welche diese Situation nicht ohne weitere Unterstützung meistern können wird. Es kann so nicht weitergehen, dass die Kommunen mit der sich immer weiter öffnenden Schere in punkto Finanzierung der Kinderbetreuung, Ganztagesbetrieb etc. allein gelassen werden. Es ist eben nicht damit getan, auf politischer Ebene, vor allem im Bildungsbereich, Entscheidungen z. B. für eine verpflichtende Ganztagesbetreuung zu treffen. Man kann sich mit dieser Entscheidung die Lorbeeren abholen, Wählerstimmen generieren und ideologische Ziele verfolgen. Das ist legitim. Andererseits die Finanzierung auf den Schultern der Kommunen abzuladen ist langfristig keine Lösung und nicht redlich. So kann und darf es nicht weitergehen. Uns ist aber klar, dass wir allein in Tettnang die große Politik nicht ändern können. Außer einem Appell an dieser Stelle wird es also zunächst weiterhin an Entscheidungen für Tettnang hängen, die mit diesen Konsequenzen umgehen müssen.

Was heißt das also für unsere Haushaltsplanung der nächsten Jahre?

  • Wir werden somit wohl bescheidener planen und priorisieren müssen.
  • Wir werden somit wohl auch manch dringende Projekte verschieben müssen.
  • Wir werden somit wohl auch nicht im vorauseilenden Gehorsam den
    Rechtsanspruch im Schulbereich erfüllen können
  • Und außerdem werden wir somit wohl auch Stellen nicht in gewünschtem und
    vielleicht notwendigem Rahmen genehmigen können. Aber dazu später mehr.

Hervorzuheben ist in diesem Jahr die Vorbereitung der Haushaltseinbringung. Der vorliegende Haushaltsentwurf und die Projektlisten sind bereits im Vorfeld so zusammengestellt worden, dass es ein machbarer Haushalt ist. Es musste auf Fraktionsseite nicht ein langwieriges Streichkonzert veranstaltet werden. Die vom Gemeinderat beauftragte Strukturkommission hat sich im Vorfeld bereits mit den Inhalten des Haushaltes befasst und bereits vor der Einbringung mehrere Punkte vorgeschlagen.

Schauen wir zunächst auf die Einnahmeseite des vorliegenden Haushaltsentwurfs.
Wir haben uns auf einen gesteigerten Plan-Ansatz für Gewerbesteuer geeinigt, welcher nun bei 17,0 Mio im Plan liegt. Nachdem wir 2022 wie vorhin erwähnt über 20 Mio im Ergebnis hatten. Wir sehen für das Haushaltsjahr 2023 noch Nachzahlungen für die vergangenen Jahre und keine größere negative Marktentwicklung bei den hiesigen Unternehmen. Daher der um 2,5 Mio. höhere Planansatz im Vergleich zu 2022.

Die anderen Steueransätze werden vom Land als Vorschlag berechnet und hier bedienen wir uns der Berechnung.

So weit so unspektakulär. Auf der Einnahmenseite gibt es auf kommunaler Ebene wenig Spielmöglichkeiten – außer Erhöhungen der Gewerbesteuersätze – und wie bereits erwähnt, in der jetzigen Lage nicht mit uns.

Wenden wir uns nun den Aufwendungen des Haushalts zu. Politische Entscheidungen dieses Gremiums finden in der Regel hier statt. Hier gilt es Entscheidungen zu treffen. Was sehen wir als notwendig an? Was ist wünschenswert? Und welches notwendige Projekt kann vielleicht auch erst später realisiert werden, auch wenn wir es uns anders wünschen würden?

Personalkosten
Dieses Thema ist noch mehr als in den vergangenen Jahren eines, worauf ich etwas vertieft eingehen muss und möchte.
Wir hatten in diesem Jahr das Novum, dass wir unabhängig der Haushaltsplanberatungen eine Sonderrunde mit Stellengenehmigungen eingelegt haben. Die Verwaltung hatte darauf gedrängt. Diesem Drängen und der unstrittigen Dringlichkeit haben wir nachgegeben. So haben wir bereits im vergangenen Jahr Stellen mit einem Jahreswert von 516.000 Euro zusätzlich freigeben.

Dazu kommen die üblichen Steigerungen durch Tarifanpassungen oder Carry-Over- Effekte der Vorjahre. So kommen wir bereits vor dem jetzigen Stellenplan zu einer Personalkostensteigerung von 10,27%. Dies allein bedeutet bereits die höchste prozentuale Personalkostensteigerung der letzten 10 Jahre.

Zusätzlich beantragt die Verwaltung nun noch weitere 14 Stellen für 2023, mit Zusatzkosten in Höhe von 835.000. Dies würde eine Gesamtsteigerung der Personalkosten – wenn der Gemeinderat diesen 14 Stellen zustimmen würde – von fast 15% bedeuten.

Wir sind in mehreren Diskussionen darüber informiert worden, wie notwendig diese Stellen in den verschiedenen Bereichen sind. Die Organisationsuntersuchung, welche wir vor 3 Jahren gemacht haben hat ebenfalls gezeigt, dass wir in vielen Bereichen Nachholbedarf haben. Sicher hat auch dieses Gremium in den letzten Jahren entschieden, dass wir Stellen verschoben oder abgelehnt haben. Auch der Personalrat hat uns erst letzte Woche nochmal darauf hingewiesen, dass auch aus seiner Sicht diese Stellen in Gänze notwendig sind.

Trotzdem ist es uns nochmal wichtig diese Dimension klar zu machen. Es werden Stellen beantragt, welche zu einem Hub von 15% in den Kosten innerhalb eines Jahres führen würden. 15% nachdem wir bereits im Vorjahr nahezu um 10% gesteigert haben. Die zusätzlichen Stellen wurden auch nicht nochmals priorisiert. Das wird so auf die Dauer nicht funktionieren können. Wir wissen über die Situation im Baubereich Bescheid, wir wissen über die Situation im Kinderbetreuungsbereich Bescheid. Und die anderen Bereiche möchten wir an der Stelle auch nicht vergessen.

Verstehen Sie uns an dieser Stelle bitte richtig. Es geht uns nicht darum, zu behaupten, diese Stellen werden nicht benötigt oder die jetzigen Mitarbeiter arbeiten zu wenig. Die Frage, die uns beschäftigt, haben wir noch den realistischen Blick auf das finanziell leistbare und spiegelt sich dies auch in den Forderungen wider? Die Entscheidung liegt also beim Gemeinderat. Für diese Entscheidung ist dieses Gremium auch da und wir werden sie treffen, in welcher Form auch immer.

Wir möchten trotz allem nochmal plädieren, dass wir den Blick nicht auf das finanziell leistbare in unserem Haushalt verlieren. Was kann sich die Stadt leisten und wo kann man vielleicht auch Abläufe umorganisieren oder zurücknehmen und ggf. Leistungen nicht mehr anbieten.

Trotz der Kosten wird die CDU an dieser Stelle dem Vorschlag der Strukturkommission folgen, welcher 2,2 Stellen der 14 beantragten vorsieht. Außerdem die 0,4 für die Flüchtlingsarbeit. Somit stimmen wir 2,6 weiteren Stellen zu.

Projektlisten:
Wir haben als Fraktion noch folgende zusätzliche Änderungen am Haushalt beantragt.

Teilung des Bauvorhabens Erneuerung Straßenbelag Kolpingstraße und Teilen der Jahnstraße
Wir haben ursprünglich beantragt, dass die Jahnstraße hier herausgenommen werden soll. Dies aufgrund der noch anstehenden Bauprojekte und des zu erwartenden Schwerlastverkehrs auf der Jahnstraße. Nachdem uns aber versichert wurde, dass man hier nichts mehr ändern kann und die Ausschreibung nicht zurückgenommen werden kann, ziehen wir diesen Antrag zur Schonung der Kapazitäten im Baubereich zurück. Wir werden die Jahnstraße aber beobachten, wie sie nach Fertigstellung der beiden Bauareale aussehen wird.
Ebenso ziehen wir den Antrag der Verschiebung der Erneuerung Graf Eberhardstraße zurück. Wir hatten ursprünglich Zweifel daran gehegt, dass dieses Projekt 2023 kommen wird. Nachdem uns auch hier versichert wurde, dass dieses Projekt dieses Jahr komme, lassen wir diesen Punkt von unserer Seite im Haushalt.

Streichung bzw. Umlenkung des Punktes Klimaschutzfonds zugunsten der Fahrradabstellanlage. Lassen Sie uns das etwas ausführen. Nach interner Diskussion über den Antrag von FW / FDP zum Projektstopp der Fahrradabstellanlagen hat sich die einstimmige Meinung unsererseits gefestigt, dass dieses konkrete Projekt ein wichtiges Projekt für die Schüler aber auch ein wichtiges Klimaschutzprojekt ist, für welches wir diese Kosten auf uns nehmen müssen. Für weniger Elterntaxis und mehr Radverkehr zur Schule. Wir sind überzeugt davon, dass der Radverkehr deutlich zunehmen wird und wir mit adäquaten Abstellmöglichkeiten die Attraktivität dazu steigern. Wir wollen also diese Mehrkosten schultern und den Klimaschutzfonds in dieses Projekt quasi umleiten um damit die gestiegenen Kosten beim Anteil der Stadt zu decken. Wir haben schon im vergangenen Jahr konkrete Projekte gefordert, die mit diesem Fonds unterstützt werden können. Hier haben wir nun eins und dieses bedeutet auch keine zusätzliche Bürokratie im Rathaus bei vielen Kleinprojekten, die jemand verfolgen und controllen muss.

Öffentliche Toilette: Auch wenn wir von vielen in diesem Gremium bei diesem Thema immer belächelt werden. Wir erinnern an den Beschluss des letzten Jahres, dass die zusätzliche öffentliche Toilette kommen muss. Es gibt einen Beschluss dazu und es kann nicht sein, dass dieser ohne weitere Kommunikation einfach nicht umgesetzt wird. Hier erwarten wir klar, dass dieses Thema im Jahr 2023 erledigt wird.

Einmal mehr muss auch erwähnt werden, dass so manches Projekt überhaupt noch keine Position in der Planung der nächsten Jahre gefunden hat. Wir plädieren weiterhin für den zeitnahen Strategieausschuss – auch zur Diskussion über einen Ersatz für die Stadthalle. Aber auch über strategische Entscheidungen, welche Projekte in Summe die nächsten Jahre anstehen.
Dieser Haushalt in Summe ist ein Haushalt der so in etwa wie die „Ruhe vor dem Sturm“ daherkommt. Wir werden aber auch Lösungen für die nächsten Jahre finden müssen und auch finden.

Zum Schluss auch einen herzlichen Dank an die Kämmerin Claudia Schubert, Ihre Kolleginnen Frau Dollmann, Frau Bentele sowie dem gesamten Team. Vielen Dank für die Vorlagen, die Beratung und Erläuterungen auch in der Fraktionssitzung sowie das Beantworten unserer Fragen im Namen der CDU-Fraktion.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit

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