CDU-Stammtisch mit Bürgermeister Bruno Walter - „Die Dynamik in den Griff zu bekommen ist die größte Herausforderung“ Redakteur Siegfried Großkopf, Artikel in der Schwäbischen Zeitung vom 28.06.2018:

Höher verschulden und Infrastruktur verbessern

Tettnang (sig) – Einmal im Jahr kommt Bürgermeister Bruno Walter zum Stammtisch des CDU-Ortsverbands. Am Dienstagabend war es in der „Krone“ wieder soweit. Zwei Stunden lang informierte er über aktuelle Themen und die Zukunft der Stadt, die sich anschickt, voraussichtlich im Jahr 2020 die 20 000 Einwohner-Grenze zu knacken und dann Große Kreisstadt werden zu können. Ob man das dann will muss der Gemeinderat entscheiden. Denn dann dürfte man zwar Radarfallen selbst aufstellen und abkassieren, hätte aber auch Aufgaben zu stemmen die heute noch der Landkreis übernimmt.
Im elften Jahr ist Bruno Walter Bürgermeister der Montfortstadt, einem Zeitraum, in dem 120 Millionen Euro investiert wurden, was er bemerkenswert nannte vor dem Hintergrund, dass die Verschuldung nicht erhöht wurde. Als verantwortlich für die gute Lage nannte er vor allem die wirtschaftliche Situation. Die Firmenentwicklung in der Stadt führe steil nach oben. Die Zahl der Arbeitsplätze wuchs zwischen 2005 und 2016 von 6100 auf knapp 9000. Mehr als zehn Firmen erweitern derzeit auf der Gemarkung Tettnang, der flächenmäßig größten Kommune im Bodenseekreis.

Negativ: Der Wohnungsbau konnte mit dem Arbeitsplatzwachstum nicht Schritt halten, was dazu führte, dass täglich Zigtausende Pendler unterwegs sind. Bis 2030 rechnet er mit einer weiteren Verkehrszunahme und bis Mitte der 2020er mit einer Einwohnerzahl zwischen 21 000 bis 22 000. Walter sprach von einer „unglaublichen Dynamik“ in der Stadtentwicklung und von 600 bis 700 Wohnungen in der Planung beziehungsweise Vorbereitung. Die Frage stelle sich, ob die Infrastruktur mit ihren Auswirkungen vor allem auf den Grundschulbereich und die Kindergärten damit Schritt halten kann?

Derzeit befinden sich zwei Kindergärten in Planung, und die werden vermutlich nicht ausreichen. In den Ortschaften sieht es mit der entsprechenden Versorgung besser aus, herrschen sogar „paradiesische Verhältnisse“, sagte er. Die Stadt, so Walter, muss die gesellschaftliche Entwicklung im Auge haben, dass Kinder immer früher in die Kita geschickt werden und der zusätzliche Bedarf an Räumlichkeiten und Personal extrem ist.

15 bis 20 Millionen für vier Projekte

Für die nächsten zwei bis drei Jahre nimmt die Stadt für die vier Projekte Kindergärten, Stadthalle und Bädle zwischen 15 und 20 Millionen Euro in die Hand. Für die Stadthalle soll noch im Sommer der Planungsauftrag erteilt werden. Zu den Herausforderungen, denen sich die Stadt stellen müsse, zähle nicht zuletzt der soziale Wohnungsbau.
In der Diskussion unter der Leitung von CDU-Geschäftsführer Frank Spleiß, der persönlich die Investitions-Prioritäten bei Schulen und Kindergärten vor dem Bädle sieht, wurde von Vertreterinnen der Elterninitiative vor allem die Frage nach dem Bau der Sporthalle/Stadthalle und deren Dringlichkeit aufgeworfen. „Da brennt’s echt“, sagte eine Mutter, die von desolaten Kletterstangen und maroden Sprossenstangen sowie nicht möglichem Ballsport berichtete. „Wir werben dafür, dass sich etwas tut“, betonte Kerstin Mommsen. Bürgermeister Walter weiß von nicht bruchsicheren Scheiben und seiner Verkehrssicherungspflicht weil Verantwortung. „Der Lehrplan muss umgesetzt werden können“, und „die Schulen sind Pflichtaufgabe der Stadt“, fordert auch er eine Lösung. Georg Haug kritisierte, die Eltern würde nach der Forderung nach einer Halle „zu viel Druck aufbauen“.

Schulden machen

In der Diskussion empfahl Heribert Geiger dem Bürgermeister und den anwesenden Gemeinderäten, eine höhere Verschuldung zugunsten einer verbesserten Infrastruktur einzugehen. Wenn nicht jetzt, wann dann? fragte er vor dem Hintergrund der derzeit günstigen Darlehenssituation. Stadtrat Achim Lange fragte, ob Tettnang das prognostizierte Bevölkerungswachstum überhaupt wolle? Worauf Walter klar stellte, dies gar nicht verhindern zu können. „Ob wir’s wollen oder nicht, wir werden wachsen“, sagte er. Von einem kolportierten Altenheim in Bürgermoos weiß er nichts, allerdings, „die diesbezügliche Versorgung in der Stadt ist nicht gedeckt“.

Liselotte Reutter sprach das Problem der Rollatoren auf Pflasterbelägen an und erinnerte an die Forderung nach öffentlichen Toiletten in der Stadt. Als Standort schlägt sie den Bärenplatz vor, der Tettnanger „Hauptumschlagsplatz“ ist, wo nicht zuletzt die Busse halten. Das Problem ist seit vielen Jahren erkannt, und, so Bürgermeister Walter, „ein brutal schwieriges Thema“. Zum einen, weil dafür ein sechsstelliger Investitions-Betrag und noch einmal ein fünfstelliger für die jährliche Unterhaltung notwendig wird. „Eine einfache Lösung gibt’s hier nicht, sonst gäb’s die Toilette längst“, bemerkte er. Als Standort könnte er sich den Parkplatz an der Wangener Straße oder beim Schlossplatz vorstellen, wohl wissend, dass ein öffentliches WC in der Nachbarschaft bei der Bevölkerung nicht beliebt ist.

„Die Dynamik in den Griff zu bekommen“ und die Balance zu schaffen, Tettnang lebenswert zu erhalten, sieht Bürgermeister Bruno Walter als größte Herausforderung.

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